«Aber Mami....!»
Bild: wireltern.ch |
Wieso die ewigen Diskussionen mit euren Kindern gut für
deren Entwicklung sind.
Unsere Nachbarn haben ein Baby. Jöööh! Ich meine ja nicht
die Windeln und die schlaflosen Nächte, was wirklich süss ist bei einem
Neugeborenen, ist die Tatsache, dass es nicht diskutiert. Es schläft, isst,
sch... und na ja, ok, es weint, weil es ja nicht reden kann. Dennoch musste ich
mir bei meinen Babies nie anhören «Aber Mami...!»
Denn ab einem gewissen Alter der Kinder fühlt es sich doch
so an, als würden wir nichts anderes tun, als den lieben langen Tag zu
diskutieren: «Wieso die warme Jacke, die Sonne scheint doch?!» «Aber ich mache
die Hausaufgaben gleich danach!» «Aber der Soundso darf das auch!» Das Wort
«ABER» scheint sowieso das meistgebrauchte im Wortschatz unserer
argumentierenden Sprösslinge. Und das nervt. Deshalb wurde ich bei dieser
Studie hellhörig, wo «Experten» behaupten, diese Diskussionen machen aus
unseren Kindern kleine Hillary Clintons und Steve Jobs!
Argumentieren ist nämlich gut für ihre Entwicklung. Wer
möchte schon, dass sein Kind immer ja und amen zu allem sagt und sich nie
selber überlegt, ob er/sie das überhaupt auch tun will, was man da von ihr/ihm
verlangt? (Na ja, ausser, ich verlange es, dann wäre es schon schön, wenn sie
einfach mal ausführen würden...).
Anlässlich dieser Studie der «Adolescent Research Group»
der University of Virginia erklärten Psychologen, wir Eltern sollten diese
Diskussionen als Training unserer Kinder sehen, damit sie später im Leben eben
keine Fussabtreter werden. Denn das grösste menschliche Leiden bestehe darin,
nicht «nein» sagen zu können, keine persönlichen Grenzen zu setzen und
entsprechend von der Gesellschaft nicht für voll genommen zu werden.
Tief drin wussten wir das schon, dafür brauchen wir keine
Experten. Wie aber gehen wir mit diesen nervigen Diskussionen um? Der
Psychologe und Leiter der Studie Joseph P. Allen sagt, sollten darauf achten, WIE die Kids
argumentieren, denn diskutieren werden sie so oder so. Es sind Kinder. Das ist
ihr Job. Unsere Autorität sollte darin bestehen, unsere Reaktion zu überdenken.
«Respekt» lautet das magische Wort. Auf beiden Seiten. Die immer gern zitierte
Vorbildfunktion spielt hier ebenfalls eine grosse Rolle. Helfen wir unseren
Kindern dabei, Verantwortung zu übernehmen und die Konsequenzen zu eruieren?
Oder schreien wir sie einfach an, sie sollen gefälligst tun, was wir sagen?
Ich kann ja nur von mir reden, aber das damalige «Nein!»
meiner 2-jährigen Kinder oder das «Aber...» der Vorpubertierenden löst in mir
ein unangenehmes Gefühl der Unsicherheit aus. Ich zweifle an meiner Kompetenz
als Mutter, wenn meine Kinder einfach nicht einsehen wollen, dass es so ist,
wie ich es sage. Schliesslich bin ich die Erwachsene und sollte es besser
wissen, oder nicht? Doch am Ende lautet die Message unserer Kinder: «Es geht
nicht um dich, sondern um mich! Ich bin ein unabhängiges Wesen mit meinen
Gedanken, Gefühlen und Ideen. Ich gehe meinen Weg.» Wir sind lediglich dazu da,
sie auf diesem Weg zu begleiten.
Deshalb müssen sie das Argumentieren üben, um eigene
Entscheidungen treffen zu können und zu verhandeln – auch wenn diese
Diskussionen in unseren Ohren noch so absurd klingen mögen: Es geht um sie,
nicht um uns. Wenn meine Kinder mit mir darüber verhandeln, ob sie zuerst das
Zimmer aufräumen und erst dann duschen, sind sie besser darauf vorbereitet, als
Erwachsene mit ihren Vorgesetzten über den richtigen Lohn zu verhandeln. Wir
erziehen nämlich keine Kinder, sondern zukünftige Erwachsene. In diesem Sinne
wünsche ich meinen Nachbarn alles Gute...
Text erstmals auf wireltern.ch erschienen.
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