Auch Väter haben ein schlechtes Gewissen


Bild: Kati Rickenbach für "Rabenmutter"


Auch Papa möchte mal beim ersten Mal dabei sein. Wieso Unternehmen deshalb Teilzeitstellen anbieten sollten.

Wisst ihr noch, als euer Baby die ersten Schritte gemacht hat? Sich Zahnpasta ins Gesicht geschmiert hat? Sein erstes Wort gesprochen hat? Wart ihr da alleine? Sehr wahrscheinlich. Papa war bei der Arbeit, um die Brötchen zu verdienen. «Doch viele Männer wollen vermehrt für ihre Kinder da sein, sie aufwachsen sehen und auch an der Erziehung teilnehmen», so Familienpsychologe Erhard Grieder letzte Woche im 20 Minuten.
Denn nicht nur für uns Frauen ist es schwierig, Karriere in Teilzeitarbeit zu machen, für Männer genauso – wenn nicht noch schwieriger. Ganz zu Schweigen von Kaderstellen. Auch Kollegen sind oft nicht zimperlich. Schnell wird dem Vater der Ruf des Warmduschers aufgedrückt, wenn er vermehrt für seine Familie da sein und sein Pensum reduzieren will. Ich selber habe die Erfahrung gemacht, als «Hausdrachen» dazustehen, weil ich das offenbar von meinem Mann verlangt haben soll (der sich ja nicht wehren kann, weil er eben ein Warmduscher ist).

Männer funktionieren ja oft nach der Maxime «wer hat den Grösseren?» Nur ein voll berufstätiger Mann ist ein echter Mann. Im Sandkasten spielen schrumpft das Image. «Aus diesem Grund arbeiten viele Männer weiterhin 100 Prozent, schleppen aber konstant ein schlechtes Gewissen mit sich herum.»
Doch es gibt offenbar auch einen Gegentrend, wie Grieder weiter beobachtet: «Bis anhin waren es vor allem arbeitende Frauen, die sich von anderen anhören mussten, sie seien Rabenmütter.» Nun sind die Rabenväter dran: «‹Fühlst du dich eigentlich nicht schlecht, dass du den ganzen Tag arbeitest und nie zu Hause bist?›, fragen sie beispielsweise», sagt der Familiepsychologe.

Laut dem Bundesamt für Statistik sind im letzten Jahr 4000 Schweizer Männer aus familiären Gründen auf Teilzeit umgestiegen – 10 Prozent mehr als im 2013. Jeder zehnte Vater arbeitet heute wegen seiner Kinder Teilzeit. Jürg Wiler von teilzeitmann.ch zu 20 Minuten: «Viele andere möchten dies auch, fürchten sich jedoch vor dem Karriereknick.» Und wohl auch vor dem finanziellen Risiko, schliesslich verdienen Frauen vergleichsweise immer noch weniger als ihre männlichen Kollegen.
Ich als Unternehmerin, die ausschliesslich Eltern einstellt, die Flexibilität suchen, gebe deshalb Head Hunter Beat Lutz recht, der ergänzt: «Frauenförderung war einmal – heute sind familienkompatible Karrieremodelle für Frau und Mann angesagt.» Wer Teilzeitstellen auch für Männer anbietet, wird in Zukunft von der nächsten Generation attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen und so zu den Gewinnern zählen. Ich freue mich!

Dieser Post erschien erstmalig auf wireltern.ch

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