"Ein Entschleunigungs-Coach wäre vielleicht etwas für mich"
Interview mit Sandra Paradiso, Inhaberin von SP Solutions in Zürich
Stell
dich und deine Familie doch bitte kurz vor.
Ich
reagiere auf den Namen Sandra Paradiso. Als klassische Secondo mit
italienischen Wurzeln lebe ich mit meinem Lebenspartner und unseren
3D’s (im wahrsten Sinne des Wortes )
Damiano (8), Delia (6) und Dario (3) in Zürich.
Wie
heisst deine Firma, was macht sie genau und was sind deine Aufgaben
da?
Mit
SPsolution bin ich als kommunikative Macherin in den Bereichen
Response Marketing, Dienstleistungsmarketing und Social Media
unterwegs. Mit lebhaften Workshops berate ich Unternehmen in allen
Kommunikationsaufgaben und setze konkrete Massnahmen um. Über
Redaktionspläne und fixfertige Texte für Websites, Newsletter,
Content Marketing und Social Media Aktivitäten (Blog, Facebook,
Google+, Twitter & Co.). Bis hin zu klassischeren Massnahmen wie
Händleraktivitäten, PR-Aktivitäten und Direct Mailings.
Was
hattest du vor den Kindern für einen Beruf?
Ich
war die letzten 15 Jahre in diesen Bereichen tätig. Habe in einem
Verlag das Handwerk des Direktmarketings gelernt, meine Kenntnisse im
Dienstleistungsmarketing vertieft und habe bei vielen Unternehmen das
Online-Marketing eingeführt. Da ich die letzten sieben Jahre für
ein Logistikunternehmen vor allem PR-Massnahmen umgesetzt habe, kann
ich sagen, dass ich schon Content Marketing machte, als es noch gar
nicht so hiess. Und mit Social Media als logische Erweitung zu
Online- und Content-Marketing schliesst sich der Kreis.
Wieso
hast du dich selbständig gemacht?
Wie
gesagt war ich in den letzten sieben Jahren für ein
Logistikunternehmen als Marketing Managerin im Teilzeitpensum tätig.
Die Zusammenarbeit mit meinem Vorgesetzten war ein „Geben und
Nehmen“ mit viel Respekt und Vertrauen zueinander. Das ging soweit,
dass ich meine kleine Tochter nach dem Mutterschaftsurlaub jeweils
ins Büro mitnehmen konnte, solange ich sie noch gestillt hatte. Klar
hatte ich den Luxus eines Einzelbüros, aber das war nicht der Grund
für das Einverständnis… Ende 2013 (und mittlerweile drei Kindern)
merkte ich, dass die Zeit für Neues gekommen war und zusammen mit
meinem Vorgesetzten, der sich frühzeitig pensioniert hat, haben wir
den gemeinsamen Abschied gefeiert.
Der
Grund für die Selbständigkeit war schlicht und einfach, dass es
nichts Vergleichbares auf dem Markt gab. Es wurde mir mehr denn je
bewusst, dass Teilzeitpensen, flexible Arbeitsmodelle und
Vereinbarkeit von Familie und Beruf bis heute reine Medienfüller
sind. Tatsächlich aber passiert wenig. Zu diesem Zeitpunkt hatte das
Unternehmen eines ehemaligen Vorgesetzten eine Facebook Fanpage
erstellt und mit einem Wettbewerb geworben. Darauf habe ich den Post
so kommentiert: „Lieber Heinz, ich freue mich, dass auch ihr die
Kommunikation zum Kunden auf dieser Plattform führt. Ich hoffe aber,
dass nicht nur Wettbewerbe, sondern echter Dialog stattfinden wird.“
Daraufhin hat mich die Online-Verantwortliche zu einem #coffeetalk
eingeladen(bei mir geht ohne Kaffee gar nichts, deshalb gibt es bei
mir und mit mir nur #coffeetalks ).
Der liebe Heinz freute sich auf die Zusammenarbeit, wollte mich aber
nicht fix auf der payroll haben und so habe ich mich selbständig
gemacht. Manchmal muss man die Leute zu ihrem Glück zwingen.
Was
treibt dich morgens aus dem Bett?
Drei
Kinder, die zur Schule, in den Kindergarten und in die Spielgruppe
müssen inkl. Zmorge und Znüni-Boxen (die mir mittlerweile aus den
Ohren hängen) und dann mache ich mich an zwei Tagen auf den Weg ins
Büro, das übrigens überall sein kann, mal ein Bistro, mal ein
Co-Working-Space, mal beim Kunden. Ansonsten bin ich mobil online und
erreichbar.
Was
gefällt dir besonders an der Selbständigkeit / dem Status der
Mompreneur?
Idealerweise
die Freiheit, die Kunden selbst auszuwählen bzw. sich mit den
Bereichen zu beschäftigen, für die man Feuer und Flamme ist.
Vor
allem die Zeit mit unnötigen, internen Sitzungen vermisse ich gar
nicht. Und auch Sprüche wie „die Leute mit ins Boot holen“ finde
ich überholt. Ich bin für das Bild, wo „die Leute ins Boot
springen, weil sie wollen, dass es endlich los geht!“
Bereust
du deine Entscheidung manchmal?
Der
Spagat zwischen Familie und Beruf und Partnerschaft ist nicht immer
einfach. Meine grösste Herausforderung ist das plagende Gefühl,
dieser ständige Begleiter, dass ich den Kindern, dem Partner und mir
nicht gerecht werde und immer einer zu kurz kommt. Das hängt sicher
von den persönlichen Ansprüchen ab und in welchem Umfeld jemand
tätig ist. Die Kommunikationsbranche mit all ihren technologischen
Entwicklungen hilft sicher nicht immer…
Wie
sieht die Zukunft deines Unternehmens aus?
Wachsen
kann ich nur mit mehr verfügbarer Zeit. Das ist momentan das
knappste Gut und das muss ich einfach akzeptieren. Dafür bin ich in
der verfügbaren Zeit äusserst effizient und effektiv und das
schätzen auch meine Kunden.
Was
hält deine Familie von deiner Selbständigkeit?
Die
Kinder sind noch zu klein, um meine Selbständigkeit bewusst
wahrzunehmen; Mamma geht einfach arbeiten wie Papi auch… Mein
Partner unterstützt mich, indem er seit dem ersten Kind auf 80%
reduziert hat und so die Kinder einen Papi-Tag haben. An diesem Tag
bin ich dann von morgens bis spät abends weg und nutze die Zeit für
Job und Volleyball.
Aber
vor allem versteht er mich, wenn mir die Znüni-Boxen, das unruhige
Mittagessen, das Zvieri-parat-machen oder das Chaos-aufräumen (und
ewig grüsst das Murmeltier) zum Hals raushängen, weil er es eben
auch kennt.
Er
verdreht aber auch die Augen, wenn ich meine Ungeduld nicht zügeln
kann.
Wie
organisierst du deine Work-Family-Balance?
Die
zwei Tage werden durch die Nonna und Papi abgedeckt. Den Rest mache
ich zwischendurch bzw. terminiere und organisiere ich alles so, dass
ich nicht ständig muss… Wenn ich mit den Kids bin, bin ich voll
bei ihnen und wenn ich weg bin, interessiert es mich nicht, was zu
Hause abgeht. Die Zeit für Musse fehlt leider, denn nur in dieser
Phase kann man sich hinterfragen bzw. weiterentwickeln.
Hast
du Rituale, um den Tag in Schwung zu bringen? Wenn ja, welche?
Kaffee,
um wach zu werden. Ansonsten ist mein Tag schon sehr schwungvoll dank
meiner 3 Kinder, meines Temperaments und Tatendrangs.
Was
oder wer inspiriert dich?
Klar
schiele ich manchmal etwas neidisch zu den Leuten rüber, die
irgendwie alles im Griff zu haben scheinen. Glückliche Kinder,
beruflich etabliert und Zeit für jeden erdenklichen Event! Also die
glücklichen Kinder habe ich definitiv auch! Bei Punkt 2 und 3 bleibe
ich dran…
Hast
du eine Mentorin und wenn ja, wie hast du sie gefunden?
Nein,
nicht explizit. Finde ich ehrlich gesagt auch schwierig, da die
Lebensumstände selten vergleichbar sind und so unnötiger Druck
entsteht, den ich mir selber schon genug mache. Ein
Entschläunigungs-Mentor wäre vielleicht was für mich, aber ohne
esoterisch zu werden.
Was
würdest du einer neuen Mompreneur empfehlen, die sich selbständig
machen will?
Sie
soll mit Druck und Belastung umgehen können. Noch besser, wenn sie
etwas davon abgeben kann, damit sie mehr Energie in ihre Leidenschaft
investieren kann.
Was
ist dein Motto, im Leben, im Beruf?
Vollgas
ohne ans Limit zu kommen. Dafür steht auch mein Claim „Kommunikation
mit PS“, also mit Power und mir!
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